1. Ein Eingriff in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG und damit zugleich ein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter kommt bei der Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen durch die Fachgerichte nur dann in Betracht, wenn diese bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen oder offensichtlich unhaltbar erfolgen. Dieser Willkürmaßstab ist auch anzulegen, wenn eine Verletzung von Art. 267 Abs. 3 AEUV in Rede steht.
2. Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Gericht trotz erkannter Entscheidungserheblichkeit eine Vorlage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel an der Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), das nationale Gericht bewusst von einer schon existierenden Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union abweicht (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft) oder eine unionsrechtliche Frage vom EuGH noch nicht oder nicht vollständig beantwortet wurde und eine Fortentwicklung der Rechtsprechung durch den EuGH nicht nur als entfernte Möglichkeit erscheint (Unvollständigkeit der Rechtsprechung).
3. Einen über die Willkürkontrolle hinausgehenden strengeren Maßstab gebieten weder das Unionsrecht noch die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
(Leitsätze des Bearbeiters)
Heft 07/2014 – Ab Seite 290
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Staats- und Verfassungsrecht – Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG; Art. 267 Abs. 3 AEUV
Zur verfassungsrechtlichen Prüfungstiefe in Bezug auf die Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV
BVerfG (Beschluss vom 29.04.2014 – 2 BvR 1572/10)
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