Heft 11/2023 – Ab Seite 437

1,99 

SKU 112023-437 Kategorien , ,

DelR – §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB; Art. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 GG
Sinndeutung der Äußerung „Ehe-Tragödie“ auf der Titelseite einer Zeitschrift
BGH (Urteil vom 01.08.2023 – VI ZR 308/21)

Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut – der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann – und dem allgemeinen Sprachgebrauch sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für das Publikum erkennbar sind. Zur Erfassung des vollständigen Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden. Fernliegende Deutungen sind auszuschließen.

(Amtlicher Leitsatz des Gerichts)

Weitere Hefte