1. Während die Kammer dem Verordnungsgeber als exekutiven Rechtssetzer einen weiten Einschätzungsspielraum zugesteht, verhält es sich gegenüber der Behörde bei Erlass eines Verwaltungsaktes anders.
2. Der gerichtlichen Überprüfung der behördlichen Ermessensbetätigung nach § 114 Satz 1 VwGO kommt vorliegend gesteigerte Bedeutung zu, da die Verordnungsbestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht an die Einhaltung bestimmter tatbestandlicher Voraussetzungen knüpft, sondern lediglich der für Schule zuständigen Behörde umfassend Entschließungs- und darüber hinaus Auswahlermessen („kann“) darüber einräumt, ob oder welche Rechtsfolgen aus einem vorgegebenen Katalog gesetzt werden.
3. Die im Muster-Corona-Hygieneplan enthaltenen Regelungen mögen jeweils als öffentlich bekannt gemachte Allgemeinverfügung nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 HmbVwVfG in formeller Hinsicht keiner Begründung bedürfen. Dies dürfte die Behörde für Schule und Berufsbildung jedoch nicht in materieller Hinsicht von der Obliegenheit entheben, hinreichende Ermessenserwägungen anzustellen, die vom Gericht auf Ermessensfehler nach § 40 HmbVwVfG hin zu überprüfen sind.
4. Ausgehend von der Hauptfunktion des formellen Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, dass sich die Behörde der besonderen Ausnahmesituation bewusst wird, wenn sie die sofortige Vollziehung anordnet, hinreichen, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung gesondert schriftlich begründet wird und diese Begründung erkennen lässt, dass die Behörde im Einzelfall einer Gefahr zu begegnen sucht, die aus ihrer Sicht bereits während eines etwaigen Rechtsbehelfsverfahrens in der Hauptsache sich einem Schaden zu verwirklichen droht.
(Leitsätze des Gerichts)
Heft 09/2022 – Ab Seite 373
2,99 €
Verwaltungsrecht – § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO; § 114 S. 1 VwGO; § 32 IfSG; § 8 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO
Corona – Masken- und Testpflicht an Schulen
VG Hamburg (Beschluss vom 27.04.2022 – 5 E 1707/22)
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