Heft 04/2024 – Ab Seite 133

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SchuldR AT – §§ 356b Abs. 2 S.1, § 357 Abs. 4 S.1, § 358 Abs. 4 S.1, § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 §§ 3, 6, 7 EGBGB
Änderung der Rechtsprechung zu manchen Aspekten der Widerrufsbelehrung bei Verbraucherdarlehen
BGH (Urteil vom 27.02.2024 – XI ZR 258/22)

1. Eine richtlinienkonforme Auslegung der in Art. 247 § 6 Abs. 2 S.3 EGBGB angeordneten Gesetzlichkeitsfiktion scheidet angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts auch bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der… Verbraucherkreditrichtlinie… aus (Bestätigung von Senatsbeschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19, WM 2020, 838 Rn. 11).

2. Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie muss nach § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 § 6 Abs. 1 S.1 Nr. 1 iVm § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB gegebenenfalls klar und verständlich angegeben werden, dass es sich um einen verbundenen Darlehensvertrag handelt und dass dieser Vertrag als befristeter Vertrag geschlossen worden ist.

3. Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie beginnt die Widerrufsfrist im Falle einer unvollständigen oder fehlerhaften Information nach § 356b Abs. 2 S.1 iVm § 492 Abs. 2 BGB nur zu laufen, wenn die Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit dieser Information nicht geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Darlehensvertrag herrührenden Rechte und Pflichten einzuschätzen, oder auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken und ihm gegebenenfalls die Möglichkeit zu nehmen, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie denen auszuüben, die vorgelegen hätten, sofern die Information vollständig und zutreffend erteilt worden wäre.

4. Das Fehlen der Angaben des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Verzugszinssatzes und der Art und Weise seiner Anpassung nach § 356b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB hindert das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht (Aufgabe von Senatsurteil vom 12. April 2022 – XI ZR 179/21…).

5. Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie ist die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erforderliche Information über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich, wenn der Darlehensnehmer die zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung oder zumindest deren Höchstbetrag leicht ermitteln kann. Falls eine solche Klausel einer Inhaltskontrolle nach nationalem Recht nicht standhält, hindert dies das Anlaufen der Widerrufsrist nach § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 Abs. 2, § 356b BGB nicht (Bestätigung von Senatsurteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19, BGHZ 226, 310 Rn. 24 ff.).

6. Zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nach Art. 247 § 6 Abs. 1 S.1 Nr. 5 EGBGB gehört nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht des § 314, sondern nur – soweit einschlägig – die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 Abs. 1 (Bestätigung von Senatsurteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 29 ff.).

7. Bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie erfordert die Information über den Zugang des Verbrauchers zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB, dass der Verbraucher über alle ihm seitens des Darlehensgebers zur Verfügung
stehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls die mit ihnen jeweils verbundenen Kosten informiert wird; ferner muss er im Kreditvertrag darüber belehrt werden, ob die Beschwerde oder der Rechtsbehelf auf Papier oder elektronisch einzureichen ist, des Weiteren über die physische oder elektronische
Adresse, an die die Beschwerde oder der Rechtsbehelf zu senden ist, und schließlich über die sonstigen formalen Voraussetzungen, denen die Beschwerde oder der Rechtsbehelf unterliegt (Aufgabe von Senatsbeschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18, juris Rn. 37 ff.).

8. Bei einem mit einem im stationären Handel geschlossenen Fahrzeugkaufvertrag verbundenen und vom Darlehensnehmer widerrufenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag entfällt das Leistungsverweigerungsrecht des Darlehensgebers nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht dadurch, dass der Darlehensnehmer das Fahrzeug an einen – weder an dem Darlehensvertrag noch an dem damit verbundenen Kaufvertrag beteiligten – Dritten veräußert hat (Bestätigung von Senatsurteil vom 14. Februar 2023 – XI ZR 152/22, BGHZ 236, 148 Rn. 24 ff.).

(Amtliche Leitsätze des Gerichts)

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