Heft 03/2023 – Ab Seite 97

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SchuldR AT / BT / HGB / ZPO – §§ 323, 437 Nr. 2, 440 S.1, 3.Var. BGB, 377 HGB, 256 ZPO
Zur Unzumutbarkeit der Nacherfüllung sowie zum Verzicht auf die Rechtsfolgen des § 377 Abs. 2 HGB
BGH (Urteil vom 09.11.2022 – VIII ZR 272/20) – im Heft ab Seite 97

1. Zur Unzulässigkeit einer Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) des (aus abgetretenem Recht des Käufers/Leasinggebers vorgehenden) Leasingnehmers gegen den Verkäufer mit dem Ziel der Feststellung, dass sich der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Leasinggeber aufgrund des vom Leasingnehmer erklärten Rücktritts in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe.
2. Gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB kann dem Käufer (beziehungsweise dem aus abgetretenem Recht des Käufers/Leasinggebers vorgehenden Leasingnehmer) eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs eine Fristsetzung zur Nacherfüllung vor der Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag unzumutbar sein, wenn der Verkäufer erklärt hat, dass eine Softwarelösung zur Beseitigung einer unzulässigen Abschalteinrichtung erst in mehreren Monaten zur Verfügung stehen werde (Bestätigung von Senatsbeschluss vom 22. Februar 2022 – VIII ZR 434/21…).
3. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Juli 2022 – C-145/20, juris Rn. 95 ff. – Porsche Inter Auto und Volkswagen), die auch bei der Auslegung und Anwendung des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zu berücksichtigen ist, kann eine derartige Abschalteinrichtung nicht als geringfügige Vertragswidrigkeit… und damit grundsätzlich nicht als eine unerhebliche Pflichtverletzung nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB angesehen werden.
4. An das Vorliegen eines stillschweigenden Verzichts auf Rechte sind strenge Anforderungen zu stellen. Daher müssen für die Annahme eines stillschweigenden Verzichts des Verkäufers auf die im kaufmännischen Geschäftsverkehr geltende Rügeobliegenheit des Käufers gemäß § 377 Abs. 2, 3 HGB beziehungsweise auf die dem Verkäufer günstigen Rechtsfolgen einer nach der vorgenannten Vorschrift bereits eingetretenen Genehmigungswirkung eindeutige Anhaltspunkte vorliegen (Bestätigung der Senatsurteile vom 19. Juni 1991 – VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633 unter II 1 c bb; vom 25. November 1998 – VIII ZR 259/97, NJW 1999, 1259 unter III 2 a).
(Amtliche Leitsätze des Gerichts)

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