1. Eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes ist die örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zum Zwecke der gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung.
2. Der Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes umfasst auch die unfriedliche Versammlung.
3. Eine strategische Blockade, deren primäres Ziel die Verhinderung einer anderen Veranstaltung ist, fällt nicht in den Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes, da es ihr an dem von dem Versammlungsbegriff tatbestandlich vorausgesetzten Zweck einer Meinungskundgabe fehlt. Gegenüber einer solchen „Verhinderungsblockade“ kann unmittelbar auf der Grundlage polizeirechtlicher Vorschriften vorgegangen werden, ohne dass es zuvor ihrer Auflösung nach dem Versammlungsgesetz bedarf.
4. Für die Abgrenzung der „Verhinderungsblockade“ von der durch die Versammlungsfreiheit geschützten „demonstrativen Blockade“ kommt es darauf an, ob die Ansammlung sich nach ihrem anhand der objektiven Umstände zu ermittelnden Gesamtgepräge im Kern kommunikativer Mittel bedienet und nicht ausschließlich bezweckt, die Veranstaltung, gegen die sie sich richtet, mit physischen Mitteln zu verhindern. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall anhand Art, Umfang und Dauer der Blockade sowie ihres sachlichen Zusammenhangs mit dem inhaltlichen Gegenstand der Ansammlung zu beurteilen. Für die Beurteilung des symbolhaften Charakters einer Blockade kann überdies zu berücksichtigen sein, ob sie objektiv geeignet ist, das bekundete Ziel vor Ort tatsächlich mit physischen Mitteln zu erreichen.
(Leitsätze des Gerichts)
Heft 04/2022 – Ab Seite 163
2,99 €
Verwaltungsrecht – § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG a.F.; Art. 8 Abs. 1 GG
Auflösung einer Blockversammlung anlässlich eines AfD-Parteitags
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 18.11.2021 – 1 S 803/19)
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